Hitler: Politisches Testament

Hitler: Politisches Testament
 
Im letzten Abschnitt des Krieges, als sich die Armeen der Verbündeten von West und Ost auf die Mitte des Reiches zubewegten und sich der Zusammenbruch Deutschlands immer klarer abzeichnete, erließ Hitler vom Bunker der Reichskanzlei aus immer unsinnigere Befehle, die seinen physischen und psychischen Verfall erkennen ließen. Am 19. März 1945 ordnete er an, dass beim Heranrücken des Feindes alle Industrie- und Versorgungsanlagen, Verkehrs- und Nachrichteneinrichtungen zerstört werden sollten. Diesen »Verbrannte-Erde-Befehl«, den jedoch die meisten Truppenkommandeure nicht mehr befolgten, rechtfertigte Hitler dem Rüstungsminister Speer gegenüber, der auf die negativen Folgen für die überlebende Zivilbevölkerung hingewiesen hatte, mit der Bemerkung: »... Es ist nicht notwendig, auf die Grundlagen, die das Volk zu seinem primitivsten Weiterleben braucht, Rücksicht zu nehmen. .. denn das Volk hätte sich als das schwächere erwiesen, und dem stärkeren Ostvolk gehöre dann ausschließlich die Zukunft.« Als am 12. April 1945 Hitler der Tod des amerikanischen Präsidenten Roosevelt mitgeteilt wurde, glaubte er, nun werde die unnatürliche Kriegskoalition der Gegner auseinander brechen und sich eine günstige Wende im Kriegsgeschehen einstellen, wie seinerzeit im Siebenjährigen Krieg, als der Tod der russischen Zarin Katharina den Preußenkönig Friedrich aus einer nahezu hoffnungslosen Lage befreit hatte. Aber es änderte sich nichts, der Krieg wurde auch unter dem neuen Präsidenten der USA, Harry S. Truman, fortgesetzt. Als auch die mehr in Hitlers Fantasie als in der Realität existierende Armee Wenck, die den russischen Einschließungsring um Berlin aufbrechen sollte, nicht in Erscheinung trat, fasste Hitler den Entschluss, sich das Leben zu nehmen.
 
In seinem am 29. April 1945 verfassten »politischen Testament« suchte er sich selbst in schwülstig-theatralischen Formulierungen von jeder Schuld am Kriege reinzuwaschen, der von jenen Staatsmännern angestiftet worden sei, »die entweder jüdischer Herkunft waren oder für jüdische Interessen arbeiteten.« Er stieß seine alten Kampfgefährten Göring und Himmler aus der Partei und allen Ämtern aus, weil sie hinter seinem Rücken Verhandlungen mit dem Feind aufgenommen hätten und schloss sein Testament mit dem beschwörenden Appell an die Überlebenden »zur peinlichen Einhaltung der Rassengesetze und zum unbarmherzigen Widerstand gegen den Weltvergifter aller Völker, das internationale Judentum
 
Hitler hatte nichts hinzugelernt. Mit denselben Formulierungen hatte er am Beginn seiner politischen Laufbahn in der Nachkriegssituation nach 1918 die Massen aufzuhetzen begonnen. Er sah sich von Verrat und Treulosigkeit umgeben. Die Einsicht, dass er Fehler gemacht, sich geirrt haben könnte mit furchtbaren Auswirkungen für unendlich viele Menschen, kam ihm nicht. Theatralisch-makaber war auch seine letzte Handlung, die Heirat mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Eva Braun, wenige Stunden vor dem gemeinsamen Selbstmord am 30. April 1945.

Universal-Lexikon. 2012.

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